Jeder, der „Glioblastom“ (Gehirntumor Grad 4) mal in Google eingibt, wird keine erbauenden Nachrichten finden. Es ist der aggressivste und bösartigste Hirntumor, den es gibt. Der Medizin sind bislang die Hände gebunden, die Behandlungsmöglichkeiten sehr beschränkt und alles andere als zufriedenstellend.

Im Durchschnitt verbleiben den Menschen nach dieser Diagnose noch ca. 12 Monate Lebenszeit. Die 2 Jahres-Überlebenschance liegt bei etwa 9%…

Von Heilungschancen spricht niemand. Und um diese 12 Monate zu erreichen, muss man auch ein bisschen Glück haben. Die OP muss gut verlaufen und der Tumor größtenteils entfernt worden sein. Das erhöht die Chancen. Wenn auch nur kurz, denn der Tumor lässt sich nicht ganz entfernen, ist so im Gehirn verzahnt, dass er immer wieder kommt bzw. nie wirklich ganz weg ist. Durch eine Bestrahlung oder Chemotherapie kann man das Wachstums des Tumors im Normalfall nur verlangsamen.

Die Krebsdiagnose. Wie alles begann?

Drei Tage vor einer geplanten sechs-wöchigen Reise bekam Ulf intensives Kopfweh, das von starkem Erbrechen begleitet war. Wir waren davon überzeugt, dass sich die Schmerzen in den nächsten Tagen legen werden. Dem war aber nicht so und so sind wir ins Krankenhaus gefahren.

Von da an ging es schnell. Er wurde in das CT geschoben, man hat etwas Auffälliges in seinem Kopf entdeckt, die Reise wurde abgesagt und er musste im Krankenhaus bleiben. Das MRT gab uns dann Gewissheit. Es war ein Gehirntumor in der Größe von 7x5x5 cm. Der Tumor hat sich über den Balken ausgebreitet und erstreckt sich über beide Gehirnhälften. Für uns war es kaum vorstellbar, wie sich so ein großer Tumor in Ulfs Gehirn entwickeln konnte und er gar keine neurologischen Ausfälle oder sonstige Symptome hat. Das war schon unser erstes kleines Wunder.

Man wolle den Tumor operieren, obwohl die bifrontale Lage um die Kreuzung der beiden Sehnerven nicht gerade ideal ist. Ulf hat die OP gut überstanden. Ich hab mich riesig gefreut, als ich ihn direkt nach dem Aufwachen besuchen konnte. Für mich ist das ein Wunder. Die Ärzte haben etliche Stunden Ulfs Gehirn operiert und nur kurze Zeit später, ist er wieder wach, völlig klar im Kopf und hat keine Schmerzen mehr.

Fünf Tage später wurde er aus dem Spital entlassen. Danach wurden wir zum Gespräch in die Neuroonkologie gebeten. Man wollte mit uns besprechen, wie die OP verlaufen sei, um welche Art von Gehirntumor es sich handelt und wie es weiter gehen sollte. Wir erhielten keine erbauenden Nachrichten:

Ulf hat den aggressivsten Hirntumor, den es gibt:
Glioblastoma mutliforma, bifrontal, wildtype, nicht methyliert.

Hinzu kommt, dass bei der Operation nur eine erweitere Biopsie möglich war. Der Tumor war beinahe inoperabel. Nur eine kleine Resektionshöhle von knapp 1,5 cm konnte entfernt werden. Der große Rest des Tumors wütet immer noch in seinem Kopf. Und seine Tage schienen gezählt zu sein. Mit einem nach der OP so großen verbleibenden Resttumor schwinden die verbleibenden Monate mit guter Lebensqualität oft nur zu wenigen Wochen. Es könnte sehr schnell gehen, haben die Ärzte noch gesagt.

Ulf wurde bestrahlt und bekam das Chemotherapeutikum Temodal. Er hat weiterhin überraschenderweise keine auffälligen Symptome und kann das Leben genießen. Natürlich hat sich unser Leben verändert und unsere Prioritäten haben sich verschoben. Aber Ulf geht es bislang gut.

So haben wir beschlossen, ganz unabhängig davon, wieviel Zeit uns allen hier auf Erden noch bleibt, unser Leben zu leben und schöne Momente zu sammeln. Wir wollen weiterhin mit allen Sinnen genießen – solange und so gut es eben geht.

Und in dieser Phase entstand unser Projekt: „Bilderhimmel“. Schritt für Schritt geht es für uns weiter. Immer wieder steht auch mal eine MRT Kontrolle an, deren Befundung sich aber stets als schwierig heraus stellt. Was am Ende für uns zählt, ist nicht die Bildgebung und die Interpretation der Ärzte, sondern wie es Ulf geht.

So kann es weiter gehen. Wir wollen – gemeinsam mit Eurer Unterstützung – noch viele Jahre schaffen und unseren Bilderhimmel ordentlich „funkeln“ lassen.

Bis heute haben wir schon sämtliche ärztliche Prognosen übertroffen und begegnen jeden Tag aufs Neue dem Wunder „Leben“. Siehe: Unsere Abenteuer.

Methadon – ein Wirkverstärker?

Wir sind sicher, dass der Off-Label-Einsatz von Methadon gerade dafür sorgt, dass es uns überraschenderweise so gut geht und dass wir dieser Krankheit mit guter Lebensqualität entgegen treten können. Für alle, die mehr Infos möchten, haben wir die folgenden Absätze zusammengetragen.

„Das D,L-Methadon ist ein zugelassenes und verschreibungspflichtiges Arzneimittel, das in der Drogenersatz- und Schmerztherapie eingesetzt wird. Es ist seit 80 Jahren auf dem Markt und in klinischen Studien als Schmerzmedikament erprobt und bekannt. Als Wirkverstärker einer Chemo- oder Strahlentherapie bei Krebspatienten hat das D,L-Methadon (noch) keine Zulassung, es kann aber als Schmerzmittel im sogenannten Off-Label-Einsatz (im individuellen Heilversuch) eingesetzt werden.“

Und genau das haben wir getan. Dr. Friesen aus Ulm hat entdeckt, dass das Methadon als Wirkverstärker einer Chemo- und/oder Strahlentherapie eingesetzt werden kann. Wir wollten mehr dazu erfahren. Was haben wir bei dieser Diagnose „Glioblastom“ schließlich zu verlieren? Wir können durch die Einnahme des Methadons doch nur gewinnen. Einen Versuch ist es wert.

Wie kann Methadon in der Krebstherapie wirken?

„Die Krebszellen entwickeln Opioidrezeptoren auf ihrer Zelloberfläche. Dadurch können Opioide an die Krebszelle binden und wirken. Methadon, das an Opioidrezeptoren binden kann, hat gezeigt, dass die zytotoxischen Wirkung von Chemotherapeutika und auch von Strahlung durch Methadon verstärkt werden kann.“

„Die Chemotherapeutika und auch die Strahlung erzeugen einen Zelltod (Apoptose) und aktivieren Apoptose-Signalwege. Treten Defekte bzw. Blockaden in diesen Signalwegen auf, kann es zu Resistenzen kommen. Das hat zur Folge, dass konventionelle Therapien bei der Krebsbehandlung fehlschlagen oder den therapeutischen Erfolg sehr stark einschränken. D,L-Methadon kann durch die Aktivierung der Opioidrezeptoren die Aktivierung der apoptotischen Signalwege von Chemotherapeutika und Strahlung verstärken bzw. Resistenzen überwinden und die Aktivierung der Apoptosesignalwege wieder ermöglichen.“

„Desweiteren kann D,L-Methadon zu einer stärkeren Aufnahme von Chemotherapeutika in Tumorzellen führen, indem es mehr Zytostatika in die Krebszelle gelangen lässt. Somit kann eine höhere Konzentration des Chemotherapeutikums in der Krebszelle länger wirken. Chemotherapeutika wiederum können außerdem die Anzahl der Opioidrezeptoren auf der Zelloberfläche von Krebszellen erhöhen. Das Opioid D,L-Methadon und das Chemotherapeutikum können sich somit gegenseitig in ihrer zytotoxischen Wirkung verstärken.“

„In Fallstudien von Krebspatienten wurde eine starke Hemmung des Tumorwachstums, eine Reduktion von Metastasen, eine Verringerung der Tumorgröße und eine Verringerung von Tumormarkern nach der Behandlung mit D,LMethadon zusätzlich zu den konventionellen Therapien beobachtet.“

Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen. Es gab schon viele Patienten, die mit der zusätzlichen Einnahme von Methadon Erfolge in der Krebsbehandlung erzielen konnten. Wir wollten mehr erfahren und von ihnen lernen.

Die Facebook-Selbsthilfegruppe: „Methadon – das Ende von Krebs?“ stellt in Zusammenarbeit mit Dr. Friesen viele hilfreiche Informationen im Bezug auf den Einsatz von Methadon in der Krebstherapie zur Verfügung.

Der Einsatz von Methadon als Wirkverstärker in der Krebstherapie wird derzeit noch von vielen Ärzten als kritisch betrachtet. Die ersten offiziellen Studien dazu starten im Frühjahr 2020. Bislang gibt es viele hunderte Patienten, die davon profitieren.

Wir sind in jedem Fall unendlich dankbar, Methadon von Anfang an begleitend und verstärkend zu Ulfs Chemo- und Strahlentherapie mit an Board zu haben. Es ermöglicht uns bislang in jedem Fall, das Leben in einer guten Lebensqualität. Wir hoffen, dass es uns noch zu größeren Wundern verhilft, als es das ohnehin schon getan hat…

Wir sind dankbar für unsere fantastischen Familien und Freunde, unsere Neuroonkologen und liebe Hausärztin, die uns auf unserem recht individuellen Weg so wunderbar begleiten.